Schulden in der Ehe und bei der Scheidung: Wer haftet wofür?
- jalezinser
- 13. Mai
- 3 Min. Lesezeit
In der Ehe werden viele Dinge geteilt - das Zuhause, gemeinsame Ziele, Kinder oder vielleicht auch ein gemeinsames Konto. Doch wie sieht es mit Schulden aus? Was passiert, wenn nur ein Ehegatte finanzielle Verpflichtungen eingeht, wie zum Beispiel einen Kredit aufnimmt, einen Leasinggeschäft abschliesst oder vielleicht sogar Spielschulden im Raum stehen? Besonders wenn ein Ehegatte nicht eingewilligt hat, kommt häufig die Frage in den Vordergrund: "Hafte ich auch für die Schulden meines Partners oder Partnerin?"

Wer Schulden macht, haftet selbst - aber nicht immer allein
Im Schweizer Eherecht gilt ein klarer Grundsatz: Schulden sind grundsätzlich persönlich. Das bedeutet, dass jeder Ehegatte nur für jene Verpflichtungen haftet, die er oder sie selbst eingegangen ist. Dieser Grundsatz schützt Ehegatten vor der automatischen Mithaftung für finanzielle Entscheidungen der anderen Partei. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich in Art. 166 Abs. 1 ZGB, welche festhält, dass Ehegatten nicht für die Schulden des anderen einstehen müssen, sofern keine gemeinsame Verpflichtung oder gesetzliche Vertretungsregel greift.
Diese Regelung ist unabhängig vom Güterstand. Ob die Ehe unter dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, unter Gütergemeinschaft oder Gütertrennung geführt wird - die persönliche Haftung für Schulden bleibt grundsätzlich bestehen. Auch bei der gemeinsamen Haltung eines Kontos oder Familienbudgets entsteht daraus nicht automatisch eine gemeinsame Haftung.
Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Schulden, die ein Ehegatte zur Deckung des "gebührenden Unterhalts" der Familie eingeht, können auch den anderen Ehegatten verpflichten, selbst ohne dessen ausdrückliche Zustimmung. Nach Art. 166 Abs. 1 ZGB darf jeder Ehegatte die eheliche Gemeinschaft in alltäglichen Belangen vertreten, etwa bei der Beschaffung von Lebensmitteln, Mietzahlungen oder der Finanzierung gemeinsamer Haushaltsgeräte. Solche Schulden gelten rechtliche als "im Interesse beider" und können somit zur Mitverantwortung des nicht handelnden Ehegatten führen.
Entscheidend ist also der Zweck der Schuldaufnahme. Dient sie dem gemeinsamen Bedarf oder handelt es sich um eine persönliche Ausgabe? Während ein Kredit für den wöchentlichen Einkauf potenziell unter die gemeinsame Vertretungsbefugnis fällt, ist ein Darlehen für eine Geschäftsgründung in allen Fällen eine persönliche Verpflichtung, es sei denn, beide Ehegatten haben den Vertrag gemeinsam abgeschlossen oder die gemeinsame Zustimmung ist nachweisbar.
Schulden vor, während und nach der Ehe - gibt es Unterschiede?
Vor der Ehe: Schulden, die ein Ehegatte bereits vor der Eheschliessung aufgenommen hat, gelten als persönliche Verbindlichkeiten. Diese sogenannten Eigenschulden werden im Scheidungsfall nicht geteilt und bleiben allein bei der Person, die sie verursacht hat.
Während der Ehe: Schulden, die während der Ehe entstehen, gelten ebenfalls als persönliche Schulden solange sie nicht im gemeinsamen Interesse aufgenommen wurden. Nur wenn ein Bezug zum gemeinsamen Lebensunterhalt besteht oder eine Zustimmung beider Ehegatten vorliegt, kann eine Mitverantwortung entstehen.
Nach der Ehe: Nach der Scheidung bleibt jeder Ehegatte für seine eigenen Schulden verantwortlich. Neue Verpflichtungen nach der Trennung betreffen nur den jeweiligen Schuldner oder die jeweilige Schuldnerin und werden bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung nicht berücksichtigt.
Güterrechtliche Berücksichtigung bei der Scheidung
Auch wenn Schulden haftungsrechtlich dem Ehegatten zugeordnet bleiben, der sie eingegangen ist, stellt sich im Scheidungsfall die Frage, wie sie güterrechtlich zu behandeln sind. Grundsätzlich mindern Schulden bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung das Vermögen desjenigen Ehegatten, dem sie wirtschaftlich zuzurechnen sind, insbesondere bei mit Errungenschaftsmitteln finanzierten Verbindlichkeiten oder gemeinsamen Anschaffungen.
Bei der Errungenschaftsbeteitligung haftet jeder Ehegatte mit seinem gesamten Vermögen (Eigengut und Errungenschaft, Art. 202 ZGB). Ist die Errungenschaft überschuldet, trägt der betreffende Ehegatte den Verlust allein, was man einen sogenannten Rückschlag nennt. Zudem bleiben rein persönliche Schulden unberücksichtigt, denn die können den ausgleichspflichtigen Vorschlag deutlich mindern, ohne die zivilrechtliche Haftung des anderen Ehegatten zu berühren.
Bei der Gütergemeinschaft hängt die Haftung vom Schuldtyp ab. Ist das Gesamtgut überschuldet, wird der Verlust hälftig geteilt (Art. 233 f. ZGB).
Bei der Gütertrennung haftet jeder Ehegatte nur für seine eigene Schulden mit seinem gesamten Vermögen (Art. 249 ZGB). Eine güterrechtliche Auseinandersetzung findet nicht statt.
Fazit
Im Schweizer Recht bleibt die Haftung für Schulden grundsätzlich individuell. Auch in der Ehe haftet ein Ehegatte nur für eigene Schulden, es sei denn, die Verpflichtungen wurden für den gemeinsamen Lebensbedarf aufgenommen oder gemeinsam eingegangen. Bei einer Scheidung wird unterschieden wann und wie Schulden entstanden sind. Eine rechtzeitige vertragliche Klärung und offene Kommunikation innerhalb der Ehe kann helfen, spätere Konflikte und unerwartete Haftungsfragen zu vermeiden. Für eine individuelle Beratung und allfälligen weiteren Fragen, stehe ich gerne zur Verfügung bei einem persönlichen Gespräch.