Konkubinat in der Schweiz: Was Paare unbedingt wissen sollten
- jalezinser
- 21. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Immer mehr Paare in der Schweiz entschieden sich bewusst gegen die Ehe und leben in einer Konkubinatsgemeinschaft. Die Gründe dafür sind vielfältig: Man möchte unabhängig bleiben, keine staatlichen Vorgaben akzeptieren oder einfach den formalen Schritt der Heirat vermeiden. Was viele allerdings unterschätzen: Das Konkubinat ist im Schweizer Recht nicht geregelt. Während bei der Ehe zahlreiche Schutzmechanismen automatisch greifen, gilt für Konkubinatspaare der Grundsatz der Eigenverantwortung. Was im Alltag unproblematisch scheint, kann spätestens bei Trennung, Krankheit oder Tod weitreichende Folgen haben und viele Fragen aufwerfen.

Fehlende gesetzliche Regelungen im Konkubinat
Im Konkubinat fehlen sämtliche Regeln, die für Eheleute selbstverständlich sind. Es gibt keine Beistandspflicht, keine gegenseitige Unterstützungspflicht und auch kein Güterrecht. Das bedeutet, dass Vermögen und Einkommen strikt getrennt bleiben und es im Falle einer Trennung keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gibt, selbst dann nicht, wenn ein Partner oder Partnerin seine/ihre Erwerbstätigkeit stark reduziert hat, um sich um Haushalt oder Kinder zu kümmern. Auch der Schutz der gemeinsamen Wohnung ist nicht vorgesehen. Falls die Wohnung ausschliesslich auf den Namen einer Person läuft, ist die andere beim Auszug rechtlich kaum geschützt. Ohne vertragliche Abmachung hat er oder sie keinen Anspruch darauf, in der Wohnung zu bleiben. Ebenso gibt es keine gesetzliche Auskunftspflicht oder automatische Vertretungsbefugnis. Wer also im Spital liegt und möchte, dass der Partner oder die Partnerin Auskunft erhält oder Entscheidungen trifft, muss dies ausdrücklich über Vollmachten beantragen.
Erbrecht und Altersvorsorge
Besonders entscheidend zeigt sich die fehlende Regelung im Erbrecht. Stirbt ein Partner/eine Partnerin, hat die andere Person keinerlei gesetzlichen Anspruch. Das gesamte Vermögen geht an die Nachkommen, oder falls keine vorhanden sind an die Verwandten. Nur mit einem Testament oder einem Erbvertrag kann die andere Person in der Partnerschaft berücksichtigt werden. Doch selbst dann schlagen die hohen Erbschaftssteuern zu, die für nicht verheiratete Paare in den meisten Kantonen gelten.
Auch die Altersvorsorge birgt erhebliche Lücken. Die AHV kennt kein Konkubinat und behandelt die Konkubinatspaare wie Alleinstehende. Das heisst, jede Person erhält ihre eigene Rente. Auch bei einem Todesfall bleibt der anderen Person nur seine eigene Rente, da es keine Witwen- oder Witwerrente gibt. In der Pensionskasse sind Leistungen an den überlebenden Partner nur möglich, wenn zuvor eine Begünstigung eingereicht wurde. Wer dies versäumt geht leer aus. Hinzu kommt, dass Care-Arbeit, wie z.B. die Kinderbetreuung oder Haushaltsführung, oft zu Versorgungslücken führt. In der Ehe werden solche Nachteile durch das Rentensplitting teilweise ausgeglichen, im Konkubinat gibt es diesen Mechanismus nicht. Wer hier nicht vorsorgt, riskiert später grosse finanzielle Einbussen.
Trennung: Einfach, aber riskant
Eine Trennung im Konkubinat wirkt auf den ersten Blick unkompliziert, weil es kein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren gibt wie bei der Ehe. Doch genau das macht sie riskant. Abgesehen von Unterhaltspflichten für gemeinsame Kinder gibt es keinerlei Vorgaben. Wer wie viel in die Beziehung investiert hat, spielt rechtlich keine Rolle, wenn nichts schriftlich geregelt wurde. Das führt oft zu Streitigkeiten über Geld, Möbel oder die Wohnung. Häufig steht eine Partei der Partnerschaft besonders schlecht da. Meist ist es diejenige Person, die während der Partnerschaft seine oder ihre Karriere zugunsten von Familie oder Haushalt zurückgestellt hat. Ohne klare Abmachungen gibt es für ihn oder sie keine Absicherung.
Der Konkubinatsvertrag als Lösung
Der Konkubinatsvertrag ist die wichtigste Möglichkeit, um solche Unsicherheiten zu vermeiden. Darin können Paare festlegen, wie sie Kosten und Vermögen aufteilen, wer welche Beiträge an den gemeinsamen Haushalt leistet und was im Falle einer Trennung passiert. Sinnvoll ist es auch, ein Inventar zu führen, damit klar ist, wem welche Gegenstände gehören. Auch Regelungen zur Wohnung sind wichtig: Wer darf bleiben? Wie wird die Miete getragen? Darüber hinaus können im Vertrag Vereinbarungen zu Care-Arbeit, Altersvorsorge und Kindern getroffen werden. Denkbar sind Abfederungen, wenn ein Partner oder Partnerin weniger arbeitet, um die Familie zu entlasten. Ergänzend empfehle ich, weitere Dokumente zu erstellen, wie z.B. ein Testament, eine Begünstigungserklärung in der Pensionskasse, Vollmachten für Bank- oder Arztgespräche, eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht und einen Vorsorgeauftrag. So ersetzen Sie vieles, was bei Ehepaaren automatisch geregelt ist.
Ein Konkubinatsvertrag ist also kein Zeichen von Misstrauen, sondern ein Instrument, dass Klarheit schafft. Aus Erfahrung wirkt er oft entlastend, weil beide Parteien genau wissen, woran sie sind. Zudem kann der Vertrag jederzeit angepasst werden, wenn sich die Lebensumstände ändern, etwa durch Kinder oder einen Umzug.
Fazit: Vorsorge in guten Zeiten
Das Konkubinat bietet viel Freiheit, doch diese Freiheit geht auf Kosten der rechtlichen Absicherung. Wer langfristig zusammenlebt, sollte sich nicht auf den Zufall verlassen, sondern aktiv vorsorgen. Ein gut durchdachter Konkubinatsvertrag und ergänzende Dokumente schützen beide Parteien und verhindern unnötige Konflikte. Mein Rat: Nutzen Sie die guten Zeiten, um gemeinsam klare Regelungen zu treffen. Gerne unterstütze ich Sie dabei, einen individuell passenden Vertrag aufzusetzen und Ihr Zusammenleben rechtlich sicher zu gestalten.
Wenn Sie sich noch ausführlicher mit diesem Thema beschäftigen möchten und vielleicht noch nicht alles verstanden haben, dann hören Sie sich doch gerne den Podcast an, den du hier findest.



